Sehr oft bekomme ich in meiner Kanzlei von Parteien die Frage gestellt, was es denn mit diesen Nutzwerten auf sich hat, mit denen ein Wohnungseigentümer oder eine Wohnungseigentümerin im Grundbuch eingetragen sind. Gerade bei Bauträgerprojekten, bei denen sich die Nutzwerte noch ändern können, ist diese Frage von hoher Relevanz für Käufer.

Ursprünglich kannte das Grundbuch nur sogenanntes „ideelles Miteigentum“. Das bedeute jeder der eingetragenen Miteigentümer darf die Liegenschaft nach seinem Anteil nutzen, ist aber nicht auf ein bestimmtes Objekt oder einen bestimmten Bereich beschränkt (d.h. jemand der zu 1/6-Anteil Miteigentümer einer Liegenschaft ist, kann die komplette Liegenschaft nutzen, muss sie sich aber mit 5 weiteren Eigentümern teilen). Wie man sich vorstellen kann, führt dies bei der Veräußerung von Liegenschaften zu erheblichen Unsicherheiten in Bezug darauf wer welchen Teil der Liegenschaft nutzen darf.

Mit Schaffung des ersten Wohnungseigentumsgesetzes schuf der Gesetzgeber daher die Möglichkeit, bestimmten Eigentumsanteilen unveränderlich ein bestimmtes Objekt auf der Liegenschaft zuzuordnen (das ist gemeint, wenn im Grundbuch steht „verbunden mit Wohnungseigentum an Wohnung XY“). Gleichzeitig musste man verhindern, dass diese Objekte immer weiter aufgesplittert werden (6 Eigentümer einer 40 m² Wohnung kann gut gehen, geht aber meistens nicht gut). Also musste man einen bestimmten Schlüssel finden, nach dem die Liegenschaft unter den Miteigentümern aufgeteilt wird. Hier kommen nun die Nutzwerte ins Spiel. Verkürzt beschreibt ein Nutzwert den Nutzen, den ein Eigentümer aus einem Quadratmeter Wohnfläche ziehen kann. Ein Balkon alleine wird keinen großen Nutzen haben. Ein Wohnzimmer mit Balkon hat aber einen höheren Nutzen, als ein Wohnzimmer ohne Balkon. Eine Wohnung im Souterrain hat – gefühlt – einen geringeren Nutzen (bzw. Wert) als eine schön ausgebaute Dachgeschosswohnung (oder auch nicht, wenn es keinen Lift gibt und das Dachgeschoß den 7. Stock darstellt).

Die Nutzwertberechnung geht daher davon aus, dass ein Quadratmeter einen Nutzwert darstellt. Je nach Lage und Ausstattung werden dann Zu- und Abschläge gerechnet, sodass sich am Ende der Nutzwert ergibt. Alle Nutzwerte zusammen genommen ergeben den Nenner des Anteiles, der Nutzwert der einzelnen Wohnung den Zähler. Ändern sich nun die Nutzwerte, so hat dies in erster Näherung keine Auswirkung auf die Größe meiner Wohnung, es sei denn die Größe oder Ausstattung gerade meiner Wohnung (z.B. weil ich eine vorhandene Terrasse zu einem weiteren Zimmer umgewandelt habe, oder ein Dachfläche zur Dachterrasse ausgebaut habe) führt zur Änderung der Nutzwerte auf der Liegenschaft.

 

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Mag. Erhard Donhoffer, Rechtsanwalt in 1030 Wien